Schuh Bugatti

„European Brand“ sagt NICHTS über die Herkunft der Kleidung aus

Gestern war ich wieder auf der Suche nach fairer Kleidung oder Kleidung „Made in EU“ und stieß auf die Marke CAMPUS. Die Marke CAMPUS ist nicht billig. Ein Sweat-Shirt kostet rund 80 Euro und ein T-Shirt 40 Euro. Ich betrachtete mir bei bestimmt 10 Kleidungsstücken unterschiedlicher Kollektionen (ältere, die im Abverkauf standen und die ganz neue) die Etiketten und musste feststellen, dass der Hersteller komplett darauf verzichtet, das Herstellerland anzugeben. Dafür wird auf dem Rückenschild ein europäisches Lebensgefühl verkauft: „Campus – Your European Brand“.

Auf der Homepage bleibt es genauso unbestimmt (Zitat):

„Your life is your Campus. CAMPUS steht für die beste Zeit des Lebens, unbeschwert und kreativ zugleich. Die junge Premium Lifestyle Brand spielt humorvoll und authentisch mit europäischen urbanen Campus Styles.“

Weiter unten (Zitat):

„CAMPUS steht für einen Contemporary College Look, der geprägt ist durch natürliche und lässige Looks, die niemals übertrieben und inszeniert, aber dennoch eigenständig und kreativ wirken. Authentisch, stilprägend, urban und leidenschaftlich — das sind die Markenwerte, die CAMPUS ausmachen. Das Original CAMPUS Logo Sweatshirt ist auch heute Key Product der Marke.“

Es wird schnell klar, es handelt sich um einen reinen Kampagnen-Text. Wirkliche Informationen sind darin rar.

CAMPUS war an dem Tag nicht das einzige Label, dass seine Herstellerländer verschwieg. Das Titelbild zeigt z. B. einen Bugatti-Schuh. Bugatti stellt weltweit her. Zitat von ihrer Homepage (Quelle): „…..unsere Schuhe werden in Indien und China produziert….“

Der Zusatz auf dem Schild „The European Brand“ soll also nur ein „europäisches Gefühl“ vermitteln, weil der Firmengründer und einige Teile des Schuhs bzw. des Herstellungsprozesses (z. B. Leisten, Leder, Kleber) aus Europa stammen.

Durch eine kurze Recherche im Internet musste ich feststellen, es gibt keine Verpflichtung dazu, anzugeben wo der Artikel hergestellt wurde. Die EU will dies einführen, aber verpflichtend ist dies im Moment nicht. Nur die Materialzusammensetzung muss in Kleidung ausgewiesen werden (bei allem, was mindestens 80% aus Textilien besteht, muss die Zusammensetzung angegeben werden), das war’s. Ansonsten ist Papier äh, Verzeihung, Kleidung geduldig…

Auch in anderen Bekleidungsstücken musste ich den Trend zum „European Brand“ erkennen. Auch der Begriff „Green“ wird gerne zur Suggestion verwendet (s. dazu meinen Beitrag hier).

Marketing ist eine absatzbezogene Unternehmensfunktion, die den Kunden dazu führen soll, eine Ware für begehrenswert zu erachten (Quellen: Marketing – Eine Einführung von Hartwig Steffenhagen, S. 50 und Wikipedia). Marketing hat also auch immer mit Beeinflussung der Kunden zu tun.

Es geht nicht darum herauszufinden, was der Kunde wünscht, sondern darum, einen Wunsch nach Ware in dem Kunden zu wecken (er wusste von seiner „Sehnsucht“ also noch gar nichts). Gerade in einer übersättigten Wohlstands-Gesellschaft dreht sich sehr vieles um dieses Wecken von Wünschen. Da unsere Grundbedürfnisse Hunger und Sicherheit befriedigt sind bzw. immer umgehend befriedigt werden können, ist der Markt darauf angewiesen, neue Wünsche zu entwickeln.

Im Anschluss an diese Urbedürfnisse kommen die Individualbedürfnisse und diese können u. a. in Kleidung ausgedrückt werden. Man möchte mit der Kleidung symbolisieren, dass man cool, urban, modisch, zeitgemäß usw. ist. Wenn der Kunde gerne mehr mit der Natur in Berührung stehen möchte, dann wird auch dies suggeriert, z. B. durch Berge und Blumen, Meer, Freizeitbeschäftigungen in der Natur etc. Dies alles sagt aber noch nichts über die Ware an sich aus. Dieser Schritt wird häufig übergangen, man verkauft lieber eine „Sehnsucht“, da diese eher neue Wünsche öffnet, als nüchterne Fakten.

Möchte man faire Produktionsbedingungen, darf man sich also nicht auf werbewirksame Slogans verlassen, die einem nur das GEFÜHL für gute Produktionsbedingungen geben (z. B. „Europen Brand“). Stattdessen muss man harte Fakten checken. Bei vielen Firmen hört es dort auf. Die wenigsten geben wirklich preis, wo sie produzieren.

Dieser Artikel ist Teil meines Projektes „One Year fair Clothes„. Das heißt, dass ich versuche, ein Jahr nur Kleidung zu kaufen, deren Hersteller fair entlohnt werden. Dafür recherchiere ich über das Thema und verblogge meine Ergebnisse hier. Genaueres habe ich in diesem Artikel beschrieben.

Die Quellennennungen können als Werbung gedeutet werden, sind aber unbezahlt und ohne Beziehungen zur Quelle. Demnach kann der Artikel im redaktionellen Sinne völlig frei gestaltet und sowohl positive als auch negative Äußerungen über das Produkt beinhalten (mehr dazu siehe hier).


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