Beispiel Adler – Sind wir wirklich „Fair-Trade-Town“?

Vor einiger Zeit fand ich den Einkaufsführer für Bonn (PDF über femnet.de). Ähnliches suchte ich für Aachen und bin auf diesen Einkaufsführer gestoßen. Wer die Broschüre als PDF downloadet, wird merken, dass die Auswahl an Fair-Trade-Produkten im Bereich Bekleidung kaum vorhanden ist. Um genau zu sein, ist für Kleidung nur der Modemarkt Adler aufgeführt. Betreibt der Modemarkt Adler wirklich faire Bekleidung?

Ich wollte das genauer wissen und besuchte den Adler Modemarkt auf der Krefelder Straße in Aachen. Im Eingangsbereich war auf der Infotafel für die Geschosse ein Fair-Trade-Label abgebildet. Dies machte mir Hoffnung.

Zunächst durchsuchte ich die Damenabteilung und fand nichts. Also fragte ich eine Verkäuferin. Ihre Antwort: „Die Marke Fair-Trade kenne ich nicht.“ „Aber vorne am Eingang steht, dass Sie Fair-Trade-Kleidung führen,“ erwiderte ich. „Moment, ich frage meine Kollegin.“ Zur Kollegin: „Führen wir die Marke Fair-Trade?“ Diese: „Ja, dass sind die Bio-T-Shirts, die wir ab und zu haben.“ (Bio ist NICHT Fair Trade!) Und zu mir: „Die haben wir bei den Damen im Moment nicht, aber bei den Herren schon.“

Somit suchte ich nun die Herrenabteilung ab und fand dort ein paar wenige T-Shirts mit Fair-Trade-Schildern. Bei genauerer Betrachtung musste ich bemerken, dass es sich um Fair Trade BAUMWOLLE handelte und nicht um Fair Trade gefertigte Stücke. Fair Trade Baumwolle ist sicherlich sehr löblich, doch stellt das nicht die faire Bezahlung der Näherinnen sicher.

Für mich stand damit fest, dass Adler für meine Einkaufsliste nicht in Frage kommt. Der Eintrag des Modemarktes Adler in der Broschüre ist m. E. nur eine Marketing-Kampagne. Es ist in keinster Weise zu erkennen, dass bei Adler ein echtes Umdenken stattfindet. Alleine die Tatsache, dass nur ein Bruchteil der Prozesskette Fair-Trade ist, zeigt, dass kein Bestreben da ist, an der Produktionskette etwas umfassend zu ändern. Nur Teil-Ketten zu deklarieren, davon sehr kleine Sortimente zu führen und damit Werbung zu machen, gehört zum Greenwashing, dass große Modeketten gerne betreiben.

Zitat Greenwashing Wikipedia: „In der Regel stellt das Unternehmen einzelne umweltfreundliche Leistungen, Aktivitäten oder Ergebnisse bzw. entsprechende Bewertungen Dritter mit erhöhtem PR-Aufwand öffentlich heraus, etwa in Presseaktionen oder Werbekampagnen. Häufig sind die dabei getroffenen Einzelaussagen – zum Beispiel über ein neues, umweltfreundliches Produkt oder Verfahren des Unternehmens – für sich genommen zutreffend, betreffen aber nur einen geringen Teil der Unternehmensaktivitäten, während das Kerngeschäft umweltverschmutzend bleibt.“

In dem Zusammenhang musste ich feststellen, dass die Kampagne „Fair Trade Towns“ viel zu lasch ist. Wenn eine 250.000 Einwohnerstadt wie Aachen nur 40 Läden mit Mini-Fair-Trade-Sortimenten nachweisen muss, um Fair-Trade-Town zu werden, dann kann ich sowas nicht ernst nehmen.

Wer steht hinter der Kampagne „Fair Trade Towns“ überhaupt? Laut Impressum der Seite ist es die Steuerungsgruppe Fairtrade Town Aachen c/o Eine Welt Forum Aachen e. V. Dieser Verein ist wiederum ein Bündnis aus vielen anderen Vereinen und öffentlichen Körperschaften, wie z. B. den Kirchen, der Hochschule, der Stadt Aachen selbst und der Volkshochschule. Im Grunde ist das ein Wirrwarr aus Interessengemeinschaften, deren Interessen sehr unterschiedlich sind, so dass das eine große Ziel fehlt: Was tut dieses Bündnis konkret dafür, dass Aachen fairer wird? Gerade wenn so große Vertreter, wie z. B. die Stadtverwaltung mit vertreten sind, müsste doch mehr drin sein, als einen Adler-Markt mit drei bis fünf Herren-T-Shirts aus fairer Baumwolle als einzigen Fair-Trade-Bekleidungsmarkt aufzuzählen.

P.S.: Auf dem Etikett steht, dass man den Fairtrade-Code 19879002 auf der Homepage von Fairtrade-Deutschland.de eingeben könnte, um mehr über die Zertifizierung zu erfahren.

Die Quellennennungen können als Werbung gedeutet werden, sind aber unbezahlt und ohne Beziehungen zur Quelle. Demnach kann der Artikel im redaktionellen Sinne völlig frei gestaltet und sowohl positive als auch negative Äußerungen über das Produkt beinhalten (mehr dazu siehe hier).

Dieser Artikel ist Teil meines Projektes „One Year fair Clothes„. Das heißt, dass ich versuche, ein Jahr nur Kleidung zu kaufen, deren Hersteller fair entlohnt werden. Dafür recherchiere ich über das Thema und verblogge meine Ergebnisse hier. Genaueres habe ich in diesem Artikel beschrieben.


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