Nachdem meine Coverlock Easycover von Elna nach nur einem Jahr und ca. fünf bis sechs Nähten einen Schaden hatte und inzwischen fast fünf Monate in Reparatur ist, konnte ich nicht der absolut günstigen Versuchung der W6 Coverlock N707D widerstehen.
Wer weiß, wann und ob ich meine Easycover jemals wiedersehe. Zunächst stand sie beim Verkäufer zwei Monate rum und nichts passierte, bis ich mich schließlich an Elna direkt wandte. Am Telefon wurde mir eine relativ schnelle Reparatur zugesagt. Dies ist inzwischen ebenfalls mehr als zwei Monate her.
Blöd ist, dass man bei Bewertungen von Nähmaschinen im Netz, nie Hinweise darüber findet, wie der Service im Anschluss verläuft. Oft findet man im Netz Tipps darüber, dass man eine Nähmaschine unbedingt bei einem Händler vor Ort kaufen sollte, weil man 1. die Maschine ausprobieren kann und 2. einen Servicepartner greifbar hat. Beides traf bei mir, trotz vor Ort Kauf, nicht zu. Ich ließ mich im Verkaufsgespräch relativ schnell von der Elna überzeugen und es hieß, sie wäre idiotensicher, so dass man auf eine umfangreiche Einweisung verzichtete. Gut, die Elna lässt sich wirklich unglaublich schnell einfädeln, das konnte die W6 Coverlock nicht toppen. So viel sei bereits hier vorweg genommen.
Da es bei uns vor Ort keine besonders große Auswahl an Händlern gibt (eigentlich nur zwei und beide mit dem gleich „schnellen“ Service), meine Nählehrerin die W6 Overlock für eine der wertigsten Overlocks im Billigsegment betitelte und die W6 Coverlock weniger als die Hälfte von der Elna kostete, ließ ich mich diesmal dazu verleiten, eine Maschine online zu kaufen.
Lieferung und erster Eindruck
Die W6 Coverlock kam sehr schnell. Ich weiß nicht mehr genau wie schnell, es waren aber nur maximal ca. zwei bis drei Tage zwischen Bestellung und Ankunft. Sie kam in ihrem Originalkarton, den man unbedingt aufbewahren sollte, da die Wartung ebenfalls im Hause W6 stattfinden kann. Dafür bucht man online ein Wartungszeitfenster und sendet die Maschine im Originalkarton ein.
Als ich die Maschine auspackte, empfand ich das Gehäuse als sehr wertig. Für den Preis hatte ich Schlimmeres erwartet. Positiv fiel mir auf, dass alle Hebel und Knöpfe eindeutig und auf deutscher Sprache beschriftet waren! Kein Raten mehr, war das nun der Schalter für Nahtlänge oder Differentialtransport. Alle Schalter haben eine Normal- oder Nullstellung, die eindeutig markiert ist. Auch der Fußdruck (das ist bei Elna nicht so)!
In vielen Bewertungen wurde die Länge des Kabels für das Fußpedal bemängelt. Gut, das ist jetzt wirklich nicht superlang, da ich aber aufgrund meines Krempels unter dem Tisch das Pedal eh nicht besonders weit nach hinten schieben kann, ist das für mich okay. Die exakte Länge ist: 1,20 m (zum Vergleich: das von meiner Gritzner ist 1,35 m).
Erste Schritte
Anstatt einer Einweisung bekommt man mit der W6 sehr ausführliche Videos geliefert, die wirklich sehr gut den etwas umständlicheren Einfädelprozess erklären.
Anhand des Videos hatte ich die Maschine innerhalb weniger Minuten eingefädelt bekommen. Ohne hätte ich wohl ewig daran gepuzzelt (vermutlich ähnlich lange und umfangreich, wie an meiner Singer Overlock). Also Daumen hoch für die gut aufbereiteten Videos! Hat man das Einfädeln ein paar Mal gemacht, geht es sicherlich ähnlich leicht von der Hand, wie bei der Easy Cover von Elna. Da bin ich mir sicher.
Quernähte überqueren
Etwas geschockt war ich allerdings, als im Video das Thema Übernähen von Quernähten kam. Hier wurde empfohlen, die Quernähte durch das Drehen des Handrades von Hand zu bewältigen. Ich dachte, das kann nicht deren Ernst sein! Auch die Beschreibung des Entsicherns am Ende einer Naht mitten im Stück ist m. E. nicht sehr praktikabel.
Als ich anfangs versuchte, die Quernähte nach der vorgestellten Methode zu „übernähen“, funktionierte das zwar, aber mir passierte es immer wieder, dass ich versehentlich das Handrad nach hinten drehte und damit die Naht entsicherte. Macht man das, kann man an der entsicherten Schlaufe ziehen und die Naht rippelt sich komplett auf. Das gleiche gilt für das Ende der Naht. Eine falsche Drehung und die Naht rippelt sich komplett auf.
Bei einer Coverlock muss man also unbedingt darauf achten, dass man das Handrad nicht in die falsche Richtung dreht!
Also versuchte ich die Quernähte ohne drehen des Handrades zu überqueren. Ungebügelt und ohne Vorsicht einfach drüber heizen, funktioniert tatsächlich nicht. Wenn es ganz schlecht läuft, näht die Maschine dann auf der Stelle und verknotet sich. Hier ist die Elna – soweit ich das in Erinnerung habe und es nach fünf Nähten beurteilen kann 😆 – wesentlich gefälliger. Mir wurde durch das Video aber klar, worauf es eigentlich beim Überqueren der Quernaht ankommt: Es muss ein Weitertransport gewährleistet sein. Ob die Maschine weitertransportiert hängt von der Dicke der Quernaht, der Lage der Quernaht (ob zwei aufeinander und in welche Richtung), der Festigkeit des Stoffes und der Gleitfähigkeit (ich meine, wie gut der Nähfuß über den Stoff rutschen kann) ab.
Nach etlichem Rumprobieren gehe ich nun wie folgt vor:
- Zunächst bügle ich die Quernähte flach.
- Dann nähen ich bis zur Quernaht, drossle das Tempo und wenn der Nähfuß die Quernaht berührt, beobachte ich, ob es der Nähfuß über die Quernaht schafft.
- Stoppt der Nähfuß da bereits, halte ich an und drehe das Handrad nach vorne zu mir hin, bis die Nadel im Stoff steckt. Dann hebe den Nähfuß vorne leicht an (also nicht mit dem Hebel komplett hoch) und schiebe die Quernaht unter den Nähfuß und versuche langsam weiterzunähen.
- Meist schafft es der Nähfuß dann über die Quernaht drüber, stockt er weiter, kann ich den Nähfußdruck etwas verringern.
- Schafft er es immer noch nicht, drehe ich weiter mit dem Handrad, wie im Video beschrieben, und schiebe den Stoff immer wieder unter den Nähfuß.
Meine Ergebnisse:
Edit: Inzwischen habe ich bemerkt, dass mein Nähfußdruck für die meisten meiner bisher verwendeten Stoffe zu fest eingestellt war. Durch das drosseln des Nähfußdruckes (von N auf 3) kam ich über die meisten Quernähte ohne Probleme (wenn ich vorher gebügelt und die Quernähte nicht aufeinander gelegt hatte).
Nahtende mitten im Stoffstück
Die Naht beende ich im Stoffstück nach dieser Methode:
Das funktioniert mit der W6 Coverlock wunderbar! Mit dieser Methode hat man sofort alle Nahtfäden auf der richtigen Seite und geht ganz sicher, dass man nicht aus Versehen die Naht entriegelt und alles wieder aufrippelt.
Freiarm
Die W6 betont besonders die Freiarmfunktion. Auch die Easycover soll sie haben, ich kann mich allerdings nicht mehr daran erinnern 😆 Der Freiarm von der W6 ist praktisch, ich bekomme ein Bein einer Leggings locker darum gewickelt. Bei einem Ärmel könnte das allerdings schon knapp werden.
Weiteres
Toll ist, dass die W6 Coverlock auf der Auflagefläche Markierungen für den Nahtabstand hat. Das hat die Elna definitiv nicht. Da half ich mir bisher immer mit Masking Tape. Leider sind die Markierungen ohne Zahlen, so dass man sich schon sehr genau merken muss, welche Linie man wählte.
Im Netz wurde spekuliert, dass die W6 baugleich mit der Success SC C405 Celine Coverlock sein soll (irrtümlich oft als Baby Lock betitelt, was aber nicht stimmt). Der Aufbau der Maschinen ist in der Tat frappierend ähnlich. Sogar die Einfädelhilfe im Inneren stimmt überein. Nur der Heber für den Nähfuß sitzt etwas anders (bei der Success ist davor noch ein Drehrad) und die Fadenspanner sehen anders aus. Im Netz hatte ich allerdings bei YouTube eine Vorstellung der Maschine gefunden, in der die zusätzlichen Nähfüße für die W6 Coverlock noch von Merrylock waren (inzwischen in W6-Verpackung). Auch die Merrylock easy cover 3040 sieht der W6 Coverlock sehr ähnlich, hat aber den Nähfußheber hinter der Maschine und nicht wie die W6 und die Success an der rechten Außenseite.
Hier geht es zu meinem Beitrag über die Nähfüße zur W6 Coverlock.
Die W6 Coverlock hat, wie alle Coverlocks des niedrigen Preissegmentes, ihre Schwäche bei den Quernähten. Es bedarf Übung und Geduld, ist aber machbar.
Wenn meine Elna doch mal irgendwann zurück kommt, werde ich umfangreiche Vergleiche anstellen und hier weiter berichten. Cool wäre, wenn ich mal an die Baby Lock käme und die auch mal testen könnte. Allerdings muss man dabei auch immer den Preis im Auge behalten! Die Elna Easycover kostet mehr als doppelt so viel wie die W6 Coverlock und die Baby Lock Coverstitch kostet mehr als 1.000 Euro mehr als die W6! Für manch einen ist dieses Preissegment gar nicht machbar! Daher werde ich die W6 weiter testen und weiter berichten.
EDIT 06.2022:
Inzwischen bin ich komplett davon abgerückt, eine Coverlock besitzen zu müssen. Siehe dazu meine Antwort auf eine Frage einer Leserin und meinen Beitrag zum Burda-Shirt. In dem Beitrag zum Shirt sind Bilder von Coverlocknähten auf der Elna, die aufgrund der Stoffstruktur wurstig wurden.
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