Eine gute Farbberatung kann ein Game Changer sein. Sie hilft, endlich die richtigen Farben für sich zu finden und sorgt dafür, dass man seine gesamte Garderobe untereinander kombinieren kann. Fehlkäufe werden weniger und Kleidung hat einen längeren Lebenszyklus. Voraussetzung ist allerdings eine richtige Farbberatung.
Meine Farbberatung ist 25 Jahre her, aber wenn ich sehe, was Mittlerweile im Netz über das Thema Farbtypbestimmung verbreitet wird, dann wundert es mich nicht, dass viele zu dem Thema ein sehr gespaltenes Verhältnis haben. Häufig haben Influencer das Thema irgendwo aufgeschnappt und verarbeiten es sehr unprofessionell und vor allem mit den falschen Farben und Erklärungen.
(Blog-)Beiträge von Versandhäusern und „renommierten“ Plattformen sind nicht besser. Aber auch „professionelle“ Farbberaterinnen konstruieren schlechte Videos über das Thema. Häufig werden in den Videos stark geschminkten Frauen abwechselnd bunte Tücher vorgehalten und man soll daran die Veränderungen sehen. So kann man aber allenfalls die Schminke klassifizieren, aber nicht die Haut darunter.
Auf einer Internetseite wurden stark geschminkte, goldblond gefärbte Frauen gezeigt. Sie sollten den Sommertyp darstellen. In Wirklichkeit zeigten sie alle möglichen Farbtypen, die stark geschminkt und gefärbt waren. Mit echter Farbberatung hat das nichts zu tun.
Eine Influencerin behauptete, dass die Farbberatung von Munsell abstammt. Dies kann aber nicht stimmen! Munsell hat mit seinem Farbsystem lediglich eine endliche Anzahl an Farbmischungen, abgeleitet vom Farbkreis, in eine Dreidimensionalität gebracht. Das heißt, die Mischungen wurden so zueinander gestellt, dass es harmonisch wirkt. Das hat mit der Farbtypenlehre gar nichts zu tun, sondern wird eher in technischen Bereichen angewendet. Bei der Farbtypenlehre kommen fast alle Farben bei allen Farbtypen vor, nur entweder in einer kälteren Mischung (bläulich) oder in einer wärmeren (gelblich).
Herkunft Farbberatung
Viel plausibler ist eine ganz andere Herkunft.
Die unterschiedlichen Farben der Haut wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts vom Anthropologen Felix von Luschan auf einer Farbscala dargestellt. Er stellte diese Typisierung auf, um z. B. die Herkunft von Grabungsfunden einordnen zu können. Die Typisierung wurde später auch dazu genutzt, um z. B. Hautkrebsrisiko einzuschätzen. Dafür wurde die Einteilung von Luschan stark vereinfacht (Hauttypen I bis VI).
Das hat aber noch nichts mit der Wirkung von Farben auf bestimmte Hauttypen zu tun. Dies wurde von Johannes Itten erforscht. Itten war Maler und beobachte intensiv die Wirkung von Farben untereinander. So wurde ihm von einem Krawattenhändler berichtet, dass er teuren Krawattenstoff nicht verkaufen konnte, weil der darin eingewebte schwarze Faden grün wirkte. Seine Kunden warfen ihm vor, dass er die falsche Farbe verwendet habe. Itten stellte fest, dass der dünne Streifen hätte rötlich-braun sein müssen, um vor dem roten Hintergrund schwarz zu wirken. Dieser Effekt nennt sich Simultankontrast und ist eine Täuschung des menschlichen Auges.
Das menschliche Auge bzw. die Verarbeitung des Gehirns von dem, was das Auge sieht, sorgt dafür, dass Farben nebeneinander in einen stärkeren Kontrast treten. So sehen Schneeflocken der gleichen Farbe vor einem hellen Hintergrund dunkler aus, während sie vor einem dunklen Hintergrund heller aussehen.
Dieser Effekt wird in der Farbtypenlehre eingesetzt. Hat jemand einen eher bläulichen Hautunterton und trägt als Pullover eine Farbe mit ebenfalls bläulichem Unterton, dann will das Gehirn das Gesicht in einen Kontrast zu dem Pullover setzen und lässt die Gesichtsfarbe mehr ins rötliche abwandern, so dass die Gesichtsfarbe rosiger und gesünder erscheint. Zieht so jemand eine gelbliche Farbe an, dann wird der bläuliche Unterton der Hautfarbe als Kontrast zu dem Gelb noch verstärkt und derjenige sieht krank aus. Augenringe werden verstärkt.
Bei den Menschen mit olivem Unterton werden durch bläuliche Farben häufig Pigmentstörungen, rote Flecken etc. im Gesicht verstärkt. Tragen sie einen ihrer Hautfarbe ähnlichen Ton, dann schaltet das Gehirn dem Gesicht blau dazu und der Teint wirkt ebenmäßiger.
Schminkt sich nun eine Frau stark, dann kann sie alle Farben tragen, da die Dinge, die durch die Farben des eigenen Farbtyps beseitigt werden sollen, bereits durch das Make up beseitigt wurden (Pigmentstörungen, Augenringe etc.). Deshalb ist es totaler Quatsch, Promis, die dickes Make up tragen und gefärbte Haare haben, als Beispiel für Farbtypen heranzuziehen.
Die Augenfarbe spielt keine Rolle in der Farbberatung
Ganz oft wird für die Ermittlung des Farbtyps die Augenfarbe herangezogen. Rund 90% aller Farbberatungsseiten und -videos tun dies. Zunächst gibt es nur vier verschiedene Augenfarben (braun, grau, grün, blau). Ursprünglich hatten alle Menschen braune Augen. Die Entstehung der blauen Augen ist relativ jung. Der älteste Ausgrabungsfund eines blauäugigen Menschen ist ca. 7000 Jahre alt. Man geht davon aus, dass dies eine Gen-Mutation ist und die Verbreitung ca. 6000 bis 10000 Jahre her ist. Bei dem Fund wurde neben den blauen Augen ein dunkler, für afrikanische Herkunft typischer, Haar- und Hauttyp festgestellt.
Zwar ist sowohl für die Augen- als auch die Hautfarbe die Melaninproduktion entscheidend, aber es gibt bei den Genen keinen direkten Zusammenhang zwischen der Augen- und der Hautfarbe. Somit sind alle erdenklichen Kombinationen zwischen Augen- und Hautfarbe möglich. Da die braune Augenfarbe in der Vererbung dominanter ist, kommt die braune Augenfarbe häufiger vor.
Wenn man berücksichtigt, dass die Farbtypenlehre darauf basiert, dass das Gehirn im Gesicht einen Kontrast zur Bekleidungsfarbe herstellen will, ist die relativ kleine Fläche der Augen vernachlässigbar. Ähnliches würde ich für die Farbe des Lidschattens vermuten. Beim Schminken der Augen kommt eher das Spiel zwischen Licht und Schatten zum Tragen.
Daran erkennt man eine gute Farbberatung
Eine gute Farbberatung weiß dieser Dinge und besteht auf das Abschminken vor der Beratung. Gefärbte Haare werden mit einem neutralen Tuch abgedeckt (das ist ein mittelblau, ähnlich dem jeansblau und nicht weiß!). Es wird Tageslicht oder dem angelehntes Licht (Tageslichtlampen) verwendet.
Ein/e Farbtypinteressierte/r tut gut daran, sich eine gute Farbberatung zu suchen, denn man selbst sieht oft die Wirkung der Farben nicht. Online funktioniert so etwas überhaupt nicht, da durch die Übertragungsmittel die Farben verfälscht werden. Auch durch die einfache Benennung von Haut-, Haar- und Augen-Farbe kann niemand eine Farbtypbestimmung machen. Man muss ohne farbverzerrende Übertragungswege sehen, wie das Auge bzw. das Gehirn die Gesichtsfarbe neben bestimmten Farbtönen angleicht.
Wir hatten damals die Farbberatung in einer Gruppe gemacht und das war sehr gut. Bei mir selbst hatte ich den Unterschied kaum gesehen, aber bei den anderen konnte ich das sehr gut erkennen, was mir das nötige Aha-Erlebnis verschafft hatte.
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