Was mir bei meinen Recherchen immer wieder auffällt, sind irreführende Kennzeichnungen. Da wird ein Modelabel oft mit dem Zusatz „Italian“, „Paris“, „Amsterdam“ oder „Norway“ versehen, um im innenliegenden Etikett festzustellen, dass es dann doch in der Türkei, China oder Bangladesch hergestellt wurde. Auch immer häufiger finde ich Bezeichnungen wie „Designed in Germany“ oder „European Brand“. Auch dies soll ein europäisches Produkt vermitteln, um von der Tatsache abzulenken, dass alles in Billiglohnländern hergestellt wurde.
Was außerdem häufig vorkommt, sind ganz fehlende Hinweise auf das Herstellungsland. Damit ist dem Verbraucher jegliche Nachvollziehbarkeit genommen. (Zum Glück gibt es außerhalb der EU einige Länder, die eine Nicht-Kennzeichnung aus zollrechtlichen Gründen nicht tolerieren, so dass sie weiterhin häufig vorkommen wird.)
Die EU versucht schon seit längerem eine Kennzeichnungspflicht des Herstellungslandes durchzusetzen, aber die Textillobby wehrt sich vehement dagegen und behält die Oberhand: Stellungnahme des Gesamtverbandes Mode und Textil zur Kennzeichnungspflicht (PDF)
Meines Erachtens versucht der Gesamtverband mit dieser Stellungnahme der Transparenz von Warenherkünften konsequent entgegen zu wirken. Sicherlich stimmen einige Gegenargumente (einige schreien allerdings nach reiner Lobbyarbeit, z. B. den Erhalt von Arbeitsplätzen, das scheint ja irgendwie immer zu passen), aber es werden überhaupt keine Alternativen vorgeschlagen, so dass der Eindruck der Verschleierung bleibt.
Eine Kennzeichnungspflicht könnte immerhin ein erster Weg Richtung mehr Transparenz sein. So, wie es jetzt ist, geht es nicht weiter! Neben den oben genannten Täuschungsversuchen in Sachen Herkunft, gibt es zudem immer wieder Täuschungsversuche hinsichtlich des Materials (z. B. Textilleder, Katzenfell = Bergkatze, Hundefell = asiatischer Wolf usw.). Es scheint also, dass die Textilindustrie überhaupt kein Interesse daran hat, dem Käufer Transparenz zu bieten, obwohl der Käufer diese möchte, denn ohne den Wunsch des Käufers wäre ein Täuschungsversuch gar nicht notwendig. Man könnte die Etiketten leer lassen.
Ein Weg wäre die konsequente Offenlegung von Prozessketten, z. B. auf der firmeneigenen Homepage der Modelabels, anstatt dort den Verbraucher mit leeren Worthülsen zu langweilen. An den Textilien sollte das Hauptherstellungsland (also das Land, in dem der Mammutanteil gefertigt wurde) genannt werden. Sollte dort fair bezahlt worden sein, steht das dem Hersteller frei, dies ebenfalls auf dem Etikett zu erwähnen (wird bei fairer und Bio-Mode auch bereits so gemacht, wer nichts zu verbergen hat, zeichnet aus, was das Zeug herhält). Alles andere ist kalter Kaffee und nur Werbestrategie.
Quelle Titelbild: Photo by Henry & Co. on Unsplash
Dieser Artikel ist Teil meines Projektes „One Year fair Clothes„. Das heißt, dass ich versuche, ein Jahr nur Kleidung zu kaufen, deren Hersteller fair entlohnt werden. Dafür recherchiere ich über das Thema und verblogge meine Ergebnisse hier. Genaueres habe ich in diesem Artikel beschrieben.
Die Quellennennungen können als Werbung gedeutet werden, sind aber unbezahlt und ohne Beziehungen zur Quelle. Demnach kann der Artikel im redaktionellen Sinne völlig frei gestaltet und sowohl positive als auch negative Äußerungen über das Produkt beinhalten (mehr dazu siehe hier).
Schreibe einen Kommentar