Endlich Sommer! Und endlich mal Zeit und endlich ist die Terrasse fertig und endlich kann ich mal ungestört sonnen, ohne mich wie auf einem Präsentierteller zu fühlen. Also ab in den Bikini und rauf auf die Terrasse….. leider vergaß ich die klitzekleine Kleinigkeit, dass mein Bikini über 20 Jahre alt ist und nun aufgrund der Materialschwäche zwar passt (bzw. unendlich dehnbar ist), aber nicht am Körper halten will. Sollte ich tatsächlich gut 20 Jahre keinen Bikini getragen haben? Sieht fast so aus. Was tun? Es steht fest, ich will einen Bikini und ich scheine einen zu brauchen, da ich wirklich keinen funktionstüchtigen habe. Also ran an den Rechner und recherchieren.
Nach einigen Stunden intensiver Suche (die ich lieber auf der Terrasse in besagtem Bikini verbracht hätte) überkam mich die Ernüchterung. Fair Trade Bikinis aus Dritte-Welt-Ländern sind häufig aus Baumwolle (sowas hatte ich mal in den 80igern, als Öko und Batik hype und Dreiecke mit Bindfäden voll okay waren) oder trafen null meinen Geschmack (und das ist schon schwer).
Prima, blieben noch die Hersteller aus Deutschland bzw. der EU. Weiter gesucht…. Nach weiteren Stunden Recherche dann auch hier die Ernüchterung. Es gibt Hersteller in Deutschland, aber dort kostet ein Bikini rund 200 Euro. Es gab dann noch zwei Hersteller aus Deutschland, deren Bademoden fand ich aber bei keinem Händler (weder online, noch real). Bei einem Hersteller fragte ich nach, ob sie tatsächlich in Deutschland herstellen, da ich den Hinweis nur bei ebay fand, aber nicht auf ihrer Homepage (siehe festgehaltenen Schriftwechsel von Facebook weiter unten). Sie stellten natürlich nicht nur in Deutschland her, sondern überall auf der Welt und konnten mir nicht sagen, welche Modelle nun tatsächlich in Deutschland gefertigt wurden. So machte ich mich selbst auf die Suche.
Die Marken dieser Firma werden bei Lust for Life, Kaufhof und Sinn Leffers angeboten. Ich drehte gefühlte 20 verschiedene Modelle dieser Firma auf links und musste feststellen, fast alle Bikinis kamen aus China, gefolgt von ein paar wenigen Bikinis aus Ungarn und Kroatien und am Ende fand ich glatt einen einzigen Bikini dieser Firma, der in Deutschland hergestellt wurde. Dies war allerdings ein Einzelstück und passte mir nicht 🙁 Und was mir noch auffiel, ein fast identischer Bikini kam nicht aus Deutschland, sondern aus Ungarn.
Was man der Firma Adolf Riedl allerdings zu Gute halten muss ist, dass sie auf meine Anfrage zeitnah reagiert haben und das Herstellungsland auszeichnen, denn eine Auszeichnung ist nicht selbstverständlich (und nicht Pflicht, ich berichtete bereits hier darüber). Esprit und S. Oliver, sowie einige eher unbekannte Labels ließen den Konsumenten völlig im Dunklen, wo die Bikinis herkommen. Linea schoss den Vogel ab, dort stand: Designed & Developed in Germany. Schön, dass man Mittlerweile immer ein Wörterbuch mit sich rumtragen muss, um ein Label, dass sich für deutschlastig ausgibt, zu entziffern. Auf deutsch heißt das Ganze: Entworfen & Entwickelt in Deutschland. Heißt soviel wie: Die Designer und Entwickler sitzen in Deutschland, der Rest kommt von sonstwo her. Von woher genau, das verraten wir lieber nicht.
Wer nun schon einmal einen Bikini kaufen musste, weiß, dass ist für Frau nicht gerade die pralle Freude. Luftige Umkleidekabinen, die von Verkäuferinnen, so wie kleinen Kindern, aber auch gerne von anderen Kunden unvermittelt aufgerissen werden, kalte Fußbodenbeläge und ein Licht in der Kabine, dass einen glatt den Besuch beim Schönheitschirurgen in Erwägung ziehen lässt, tun alles dafür, dass man diesen Kauf eigentlich so schnell wie möglich hinter sich bringen möchte.
Nachdem man etliche Bikinis anprobiert hat und feststellen muss, dass diese Bikinis nicht nur von kleinen Chinesinnen genäht wurden, sondern scheinbar auch nur diesen passen und man bereits bei zwei Nummern mehr angelangt ist, als man bei der Oberbekleidung trägt, dann spätestens weiß man, was echter Klamottenkauffrust ist. Normalerweise passt mir vieles gut oder wenn nicht, dann frustriert es mich nicht so, aber ein Bikini war sowieso noch nie meine Welt (nicht umsonst dauerte der Kauf eines neuen 20 Jahre).
Lange Rede, kurzer Sinn, nach etlichen Stunden Internetrecherche, dem Besuch von 2 Fachgeschäften (auch hier gab es keine fairen Bikinis, nur teure), einem Sportgeschäft und 3 Kaufhäusern und dem Anprobieren von gefühlten 100 Bikinis (die alle nicht saßen), kaufte ich am Ende einen, auf dem überhaupt nicht vermerkt war, woher er stammt und es war mir salopp gesagt Sch…-Egal, ich wollte das nur noch hinter mich bringen.
Also manchmal deprimiert mich mein Projekt wirklich 🙁
Aufgrund der vermutlich unfairen Herstellungsbedingungen meines neuen Bikini gibt es hier auch kein Foto von selbigem. Ich will für den Mist nicht auch noch Werbung machen.
So ein Kauf stimmt mich schon echt nachdenklich. Wie soll der Verbraucher zeigen, was er wirklich will, wenn er gar keine Wahl hat? Hilft eigentlich nur noch der totale Boykott und das tierfreundliche Halten von Schafen und die Eigenherstellung von Kleidung aus dessen Wolle. Aber im Ernst, zwischenzeitig habe ich wirklich über eine Eigenherstellung nachgedacht, fühlte mich dem aber letztendlich nicht wirklich gewachsen und befürchtete dann erst im Winter einen Bikini zu besitzen und das wollte ich dann doch nicht riskieren.
Schriftwechels auf Facebook mit der Adolf Riedl GmbH & Co. KG
One Year Fair Clothes Da ich in diesem Jahr nur faire Kleidung tragen möchte und neue Bademode brauche, würde mich interessieren, ob sie tatsächlich nur in Deutschland herstellen. Irgendwie geht das leider nicht so deutlich aus Ihrer Vorstellung und Ihrer Firmenhomepage hervor. Für eine Antwort bedanke ich mich bereits im Voraus!
Adolf Riedl GmbH & Co. KG Hallo One Year fair Clothes,
Vielen Dank für deine Anfrage – Wie du auf unserer Homepage sicher gesehen hast, stellt die Adolf Riedl GmbH Bademoden der Marken SUNFLAIR, OLYMPIA, OPERA und SUNMARIN her. Leider mussten wir die Marke GREENBAY einstellen. Grund hierfür war, dass wir als konventioneller Hersteller nicht für die Transparenz und Zuverlässigkeit der gesamten Lieferkette bürgen konnten. Uns war Transparenz von Anfang an wichtig, es ist uns aber leider nicht gelungen, sie immer in der gewünschten Tiefe herzustellen. Wir verwenden aber auch weiterhin für einzelne Modelle unserer anderen Marken ein Material aus Recycling-Fasern. Dort ist es als Greenbay ausgezeichnet – aber eben nur das Material, nicht die Kollektion.
Zum Produktionsstandort: Wir fertigen in China, der Ukraine und in Deutschland. Was wann wo gefertigt wird, liegt an internen Abläufen und Lieferfristen. Es lässt sich daher nicht sagen, dass generell „Greenbay“ im Inland produziert wird. Greenbay bezieht sich lediglich auf die verwendeten Stoffe, nicht auf den Produktionsstandort.
Wir hoffe, dass dir diese Antwort weiterhilft…
Viele Grüße aus Bayreuth
One Year fair Clothes Hallo Adolf Riedl GmbH & Co. KG , das finde ich echt schade, dass Sie das Konzept GREENBAY ECO-BIKINI einstampfen mussten. Ich fragte nach dem Produktionsstandort, weil ich bei Ebay Bikinis von Ihnen fand, die wohl vermutlich in Deutschland gefertigt wurden (zumindest wurde das in dem Text erwähnt) und da ich auf Ihrer Homepage nirgends einen Hinweis fand, wo Ihre Produktionsstandorte sind, dachte ich, ich frage mal nach. Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Ich mache so etwas, wie ein Jahr „fasten“, indem ich ein Jahr lang nur fair gefertigte Kleidung kaufe. Mir geht es also in erster Linie um die Fertigungsbedingungen und dort hauptsächlich das Nähen. Da man in Deutschland oder in den EU15-Ländern i. d. R. davon ausgehen kann, dass die Näherinnen fair bezahlt werden, bin ich dazu über gegangen, hauptsächlich Kleidung, die in Deutschland oder den EU15-Ländern gefertigt wurde, zu kaufen, da alles andere und da gebe ich Ihnen Recht, kaum nachvollziehbar ist (und wenn Sie die Prozesskette schon nicht nachhalten können, wie soll das der Endverbraucher?). Schade, dass Sie mir keine einzelnen Bikinis empfehlen können, die in Deutschland gefertigt wurden. Das wäre für mich nämlich genau das, was ich suche. Oder können Sie doch?
Viele Grüße aus Aachen
(hierauf erhielt ich keine Antwort mehr)
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