VOX startete am 3.11.2015 mit der Sendung „Geschickt eingefädelt“ (von dem Original „The Great British Sewing Bee“ abgeguckt).
Im Vorfeld wurde auf VOX mit einem Trailer für diese Sendung geworben, in dem Guido Maria Kretschmer, der Berufsfrauenversteher und die VOX/RTL-Allzweckwaffe wenn es um Mode rund um die Frau und den fraulichen Mann geht, voller blumiger Adjektive und überdeutlicher Betonung ankündigt, dass wir (also VOX) bei „Geschickt eingefädelt“ DeuTschLandS begaaaaabtesten Hobbyschneider suchen. Warum nur schob sich bei mir sofort das Bild von Mirco Nontschew in den Vordergrund? Vermutlich weil er bei einer ganzen Generation diese Redewendung für immer anderweitig belegt hat. Dies nicht zu berücksichtigen, war für mich bereits die erste Schwachstelle des Konzeptes.
Da ich aber gerne nähe, hielt mich der eher abstoßene Trailer und Titel nicht davon ab, mir die Sendung trotzdem anzusehen. Aber was dann kam, war schon hart an der Grenze dessen, was mein Nähherz ertragen konnte. Die Aufgaben waren knackig. Es sollte ja um Hobbynäherinnen und ihre Lust am Nähen gehen, aber die Vorgaben erschienen mir eher wie die Prüfungssituation an einer Schneiderberufsschule. Die künstliche Aufteilung der Juroren in „die kreative Anke“, die so kreativ wirkte, wie ein hausbackener Kindergeburtstag und der „Vati“ Guido, der jede noch so große frauenfeindliche Frechheit mit einem Lächeln wegzaubert und sofort von allen verziehen bekommt und „Pingel-Inge“, die m. E. noch die authentischste des Dreigestirns ist, da sie nichts anderes macht, als vermutlich im richtigen Leben auch, nämlich Prüflingen ihre Fehler aufweisen, machten das Ganze nicht unterhaltsamer.
Aufgebaut ist jede Folge gleich und erweckt den Eindruck, als wäre alles in einzelnen Blogs abgefilmt worden. Zunächst steht das Dreigestirn vor den Prüflingen und überreicht die Technikaufgabe, dann verteilt sich die Horde und erste Verzweiflung macht sich breit, während sich nun das Dreigestirn aufteilt und den Hobbyschneiderinnen über die Schulter guckt. Guido immer alleine, die Weibchen immer zu zweit, denn Frauen machen ja schließlich IMMER ALLES ZU ZWEIT, sogar auf Toilette gehen.
Dann wird Guido immer an der offenen Glastür gefilmt, wie er bei jeder Folge sagt: „Nein, nimm ihn nicht, doch sie tut es…“ (gemeint ist die Stoffauswahl), gefolgt von noch ein paar Frechheiten üblicherweise gegen jene Kandidatinnen, die nicht ganz dem Mainstream und/oder seinem Geschmack entsprechen.
Als nächstes verschwindet Guido „hinter die Kulissen“ (wo auch immer das sein mag) und dort stehen dann auch wieder Inge und Anke im Zweierpack und halten sich gemeinsam an einer Kleiderpuppe fest. Auch hier wirkt es, als seien alle Folgen in einem Blog abgedreht worden, sind die Handhaltungen auf der Puppe und die rot lackierten Finger doch immer irgendwie gleich.
Dann geht es wieder ran an die Kandidaten und deren Verzweiflungstaten. Und auch hier immer der gleiche Einheitsbrei: Hektische Versuche in den letzten, verbleibenden Minuten noch irgendetwas zu zaubern, zitternde Hände, Missgeschicke über Missgeschicke bei allen Kandidaten (außer bei dem schweizer Präszisionswerkzeug Celine) und dann der Abpfiff und das hektische Ziehen der Kleidung auf die Puppen. Es wird so getan, als würden nur die Teile bewertet werden, die am Ende auch auf die Puppe gezogen worden sind, wobei im Anschluss schnell klar wird, nee, nee, dafür hängen sie dann bei der Jurybewertung zu akurat auf den Puppen. Das sah vor einigen Sekunden noch ganz anders aus.
Als nächstes folgt die „Kreativaufgabe“. Bisher immer Upcycling von irgendwas: Hässliche Jerseykleider, Jeanshosen oder ein trägerloser BH. Der Rest: Siehe oben.
Am Ende gibt es noch das Meisterstück des Tages (wobei allen klar sein müsste, dass pro Sendung immer zwei Tage zusammen gefasst werden, denn sonst würden die Schneiderleins mehr auf der VOX-Bude hocken, als die Schneiderleingewerkschaft zulässt – jawohl, die Durchschnittshobbynäherin kann Rechnen!) und keiner weiß, wozu.
Genauere Nähanleitungen, wie was funktioniert, ist absolute Fehlanzeige. Nein, es reicht VOX nicht, dass sie sich durch Werbeeinnahme den Trend „Nähen“ von nachmittäglich schauenden Hausfrauen versilbern lassen. Wenn man die Schnitte und mehr Details zum Nähen haben möchte, dann wird man dazu angeregt, sich auch noch das arschteure Buch zu der Serie zu kaufen. Ein Buch, auf dessen Cover sich Guido laziv räkelt und damit klar darstellt, was er tatsächlich macht: Er prostituiert sich für eine eher lieblos aufgebaute Sendereihe, die vermutlich einen noch kürzeren Halbwertzeit haben wird, als seine ebenso gruseligen Sendereihen „Hotter Than My Daughter“ und „Deutschlands schönste Frau“.
Schaut man dann in das Buch, dann geht die Trostlosigkeit der Sendung weiter. Ein paar null-acht-fünfzehn Schnitte, ein paar lieblose Erklärungen à la B.r.a und das war es. Das Buch ist so schlecht, dass sogar mein Mann es erkannt hat und zu mir meinte: „Es tut mir leid, ich hatte überlegt es dir zu Weihnachten zu schenken, aber da steht ja nichts drin!“ Guter Mann! Denn obwohl er von Nähen genau null Ahnung hat, hat er das sehr richtig erkannt. Danke Schatz, dass du mir das Buch NICHT schenkst!
Ein bisschen mehr Intelligenz (und damit Inhalt) sollten man Näherinnen schon zubilligen und sie nicht mit so einer billigen Masche abspeisen, denn nur weil ich nähe und vielleicht mal gerne Shopping-Queen geguckt habe, bekomme ich kein feuchtes Höschen, nur weil in einer Sendung andere an der Nähmaschine sitzen und Guido auf ein Buchcover gedruckt wurde.
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